Innsbruck, Wien (OTS) - „Lebensverlängerung um jeden Preis – oder
Fürsorge mit Maß?“ – eine
der zentralen Fragen, der sich die ARGE Ethik der Österreichischen
Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (
ÖGARI) widmet. Im Mittelpunkt der Diskussion der Arbeitsgruppe
standen ethisch fundierte Entscheidungsfindung, eine
symptomorientierte Versorgung und eine klare Kommunikation.
Die Herausforderungen, vor denen Behandlungsteams bei
Entscheidungen am Lebensende eines:r Patienten:in stehen, sind
komplex und oft mit vielen offenen Fragen verbunden. Um mehr
Entscheidungssicherheit zu ermöglichen, wurde von der ARGE Ethik eine
hochkarätige Diskussionsrunde einberufen, die die wichtigsten
ethischen und rechtlichen Grundlagen schwieriger medizinischer
Entscheidungsfindung nochmals ausführlich diskutiert hat.
Ein Spezialist:innenkreis führender Expert:innen aus Anästhesie,
Intensiv- und Palliativmedizin erörterte daher zentrale Aspekte der
ärztlichen Entscheidungsfindung am Lebensende – darunter die korrekte
Durchführung einer Therapiezieländerung (TZÄ) , die Umsetzung von
Comfort Terminal Care (CTC) sowie die differenzierte Anwendung der
palliativen Sedierungstherapie (PST) .
»Gute Medizin bedeutet, zu wissen, wann und wie man medizinische
Maßnahmen, die auf Heilung ausgerichtet sind, durchführt – und wann,
wie und warum man am Lebensende rechtzeitig bewusst darauf verzichten
sollte, um dafür palliativmedizinischer Versorgung Raum zu geben«,
betont Frau Univ.- Prof.in Dr. Barbara Friesenecker , Vorsitzende der
ARGE Ethik in der ÖGARI . »Dabei braucht es medizinisches Wissen
ebenso wie ethische Reflexion, Basiswissen in Medizinrecht und die
Fähigkeit zur empathischen Kommunikation.«. Barbara Friesenecker ist
Fachärztin für Anästhesiologie und Intensivmedizin an der
Universitätsklinik für Anästhesie und Intensivmedizin Innsbruck,
Palliativmedizinerin und Medizinethikerin.
Auch der amtierende Präsident der ÖGARI, Prim. Priv.-Doz. Dr.
Michael Zink, verweist auf die hohe Bedeutung strukturierter
Entscheidungsprozesse: »Die gemeinsame Entscheidungsfindung im
multiprofessionalen Team der betreuenden Health Care Professionals (
Ärzt:innen, Pflegepersonen) ist transparent zu gestalten und
nachvollziehbar zu dokumentieren. Die Verantwortung liegt bei dem/der
behandlungsführenden Facharzt oder Fachärztin. Idealerweise sind alle
in die Behandlung involvierten Fachärzte/Fachärztinnen in den
Entscheidungsprozess eingebunden. Die ARGE Ethik in Anästhesie und
Intensivmedizin hat hierzu fundierte, auch international beachtete
Handlungsempfehlungen entwickelt.«
Neben der reinen Vermittlung von medizinisch-ethischem
Grundlagenwissen wurde besonders die praktische Relevanz der
diskutierten Inhalte für Teams in der stationären und
intensivmedizinischen Versorgung hervorgehoben. Im Zentrum standen
dabei klare Orientierungshilfen zum Thema: Was ist geboten? Was ist
zu unterlassen?
Mit Nachdruck wurde unterstrichen, dass all diese
Verhaltensregeln zur Durchführung medizinischer Maßnahmen am
Lebensende stets der fürsorglichen Betreuung schwerkranker
Patient:innen dienen. Im Mittelpunkt steht das Ziel, deren
Lebensqualität auch bei schwerer Erkrankung in der letzten
Lebensphase zu wahren und sie dabei zu unterstützen, informierte
Entscheidungen über ihre Behandlung selbst treffen zu können. Eine
umfassende, verständliche und empathische Kommunikation über
medizinische Optionen – sowohl mit Patienten/Patientinnen selbst, als
auch mit ihren An- und Zugehörigen oder
Stellvertreter/Stellvertreterinnen – ist dafür essenziell, wobei die
Wünsche der Patient:innen elementarer Bestandteil der
Entscheidungsfindung sind.
»Gute Medizin am Lebensende heißt, nicht nur zu wissen, was
medizinisch möglich ist – sondern auch, wann es richtig ist, auf
vielleicht noch technisch machbare Maßnahmen immer dann zu
verzichten, wenn sie aufgrund der fortgeschrittenen Erkrankung nicht
mehr wirksam sind. Dazu braucht es fachliche Kompetenz, ethische
Urteilsfähigkeit, Wissen in Basis-Medizinrecht und eine offene,
mitfühlende Kommunikation.«, versichert Barbara Friesenecker.
Die ARGE Ethik der ÖGARI setzt sich dafür ein, diese sensiblen
Fragen in allen Bereichen der Anästhesie und Intensivmedizin
nachhaltig zu verankern. Ein besonderes Anliegen der engagierten
Arbeitsgruppe ist die ethische Bewusstseinsbildung – insbesondere
auch im intensivmedizinischen Kontext (§2 der Geschäftsordnung der
ÖGARI).
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