Wien (OTS) - Niedrigere Energiepreise auch durch Senkung der
Netzkosten – das hat
die Bundesregierung bei ihrer Klausur am 18. März beschlossen. Die
Netzbetreiber sind bereit, ihren Beitrag zur Kostendämpfung leisten.
Dabei darf jedoch der Aspekt der Versorgungssicherheit nicht aus den
Augen verloren werden. Darauf verwies der Geschäftsführer der Wiener
Netze, Thomas Maderbacher, beim Energiepolitischen
Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit am 8. April
2025.
Die Sprecherin des Forums Versorgungssicherheit, Brigitte Ederer,
erinnerte daran, dass die Netztarife keine Marktpreise darstellen,
sondern verordnet werden und lediglich die Kosten für Betrieb und
Ausbau der Netze abdecken: „Wie hoch oder niedrig die Netztarife
sind, hängt also nicht zuletzt von den Investitionen ab, die ein
Netzbetreiber tätigt. Diese Investitionen dienen der langfristigen
Versorgungssicherheit. Es wäre nichts gewonnen, wenn man den Netzen
den Ausbau erschwert.“
Zwtl.: Reguliert und kontrolliert
Stromnetze sind natürliche Monopole und unterliegen der Kontrolle
durch den Regulator E-Control. „Vom Gesetz sind wir verpflichtet,
eine ausfallsichere, an jedem Ort verfügbare und ausreichend starke
Infrastruktur zur Verfügung zu stellen“, stellt Maderbacher klar,
„die Tarife, mit denen diese Leistungen finanziert werden, schreibt
der Regulator vor.“
Die Anforderungen an die Netze haben in den letzten Jahren stark
zugenommen und werden durch die Energiewende weiter steigen. Die
Stromnetze müssen eine große Zahl an dezentralen Erzeugern aufnehmen,
wobei die Einspeisung von Wind- und Sonnenenergie großen Schwankungen
unterliegt. Auf Seiten der Verbraucher bringen E-Mobilität und
Wärmepumpen höheren Bedarf und höhere Leistungsanforderungen. Hohe
Investitionen in den Ausbau der verlässlichen Stromnetze haben 2025
zu höheren Netztarifen geführt, die aber trotz dieser wachsenden
Aufgaben inflationsbereinigt unter dem Niveau von vor 25 Jahren
liegen.
Auch für die Zukunft sehen die Netzbetreiber Möglichkeiten, wie
man die wachsenden Anforderungen an die Netzinfrastruktur in Einklang
bringt mit dem Wunsch, die Kosten moderat zu halten. Es hängt jedoch
von den gesetzlichen Rahmenbedingungen ab, ob und wie sehr diese
Möglichkeiten umgesetzt werden können.
Zwtl.: Effizienz und Flexibilität
Damit die Netze trotz höherer Anforderungen kostengünstig
bleiben, muss ihre Effizienz gesteigert werden. Das ist nur möglich,
wenn der gesetzliche Rahmen mehr Flexibilität erlaubt. Die Umstellung
auf Intelligente Stromzähler sowie die fortschreitende
Digitalisierung haben die technischen Voraussetzungen dafür bereits
geschaffen. Maderbacher nennt flexibles Leistungsmanagement als
Beispiel: Dabei erhalten Netzbetreiber die Möglichkeit, den Verbrauch
so zu steuern, dass Lastspitzen vermieden werden – etwa indem das
Laden von E-Mobilen gezielt auf Zeiten geringer Stromnachfrage
verlegt wird.
Ein Leistungstarif, bei dem nicht nur die verbrauchte Strommenge,
sondern auch die maximal beanspruchte Leistung Auswirkungen auf die
Kosten hat, kann den Verbrauchern Anreize liefern, hohe
Leistungsspitzen zu vermeiden.
Auf Seiten der Produzenten von Wind- und Sonnenstrom braucht es
eine Regelung, wonach selten auftretende Erzeugungs-Spitzen nicht
eingespeist werden, sondern zum Beispiel in Speichern
zwischengelagert werden. „Alle diese Maßnahmen führen dazu, dass die
Netze insgesamt mehr Strommenge aufnehmen können, da sie
gleichmäßiger genutzt werden“, sagt Maderbacher, „so wird ein teurer
zusätzlicher Ausbau erspart.“
Zwtl.: Fairness und Kostenbewusstsein
Effizienzdenken fordert Maderbacher auch bei der Bürokratie ein:
„Wir müssen Vorgaben nicht immer zu 120 Prozent umsetzen. Goldplating
in der Gesetzgebung treibt die Kosten.“ So sollen die Netzbetreiber
verpflichtet werden, künftig monatlich statt einmal jährlich Strom-
und Gasrechnungen auszustellen. Maderbacher: „Für uns bedeutet das
den 12fachen Aufwand bei sehr geringem Nutzen für die Kunden. Viel
klüger wäre es, gesetzlich vorzusehen, dass Monatsrechnungen nicht
automatisch, sondern auf Kundenwunsch wie bereits jetzt erstellt
werden müssen – und am besten elektronisch und nicht auf Papier
versandt.“
Die derzeitige Rechtslage hat auch zu einer Asymmetrie bei der
Aufteilung der Netzkosten geführt, kritisiert Maderbacher. So müssen
Betreiber von PV-Anlagen keine Netzzutrittsentgelte zahlen, wenn sie
schon vorher einen ausreichenden Netzanschluss hatten – obwohl sie
durch die Einspeisung zusätzlich Kosten im Netz verursachen. Sie
verlassen sich auf das für sie gut ausgebaute Netz, zahlen aber durch
ihren geringen Verbrauch nur einen Teil der Kosten. Ein
leistungsorientierter Netztarif wäre hier wesentlich gerechter.
Auch der Aufwand der Netzbetreiber für Energiegemeinschaften mit
Mehrfachteilnahme wird derzeit nur sehr geringfügig abgegolten.
Maderbacher fordert hier mehr Fairness ein: „Wir fordern, dass alle
Teilnehmer im Netzsystem ihre von ihnen verursachten Kosten auch
tragen und diese nicht auf all anderen Netzkunden aufgeteilt werden.“
Zwtl.: Finanzierung des Stromnetzausbaus und Regelung des
Gasnetzrückbaus
Potenzial zur Kostendämpfung sieht Maderbacher schließlich auch
bei der Finanzierung des Netzausbaus. Derzeit müssen die
Netzgesellschaften den Ausbau vorfinanzieren und die Kosten
nachträglich über die Tarife wieder ausgleichen. In der Vergangenheit
führte Netzausbau meist zu einer größeren Zahl an Kunden und damit zu
höherem Verbrauch und auch zu höheren Einnahmen. Die Investitionen
der Zukunft dienen jedoch der Umstellung auf Erneuerbare Energien und
führen nicht automatisch zu höheren Einnahmen.
Es braucht daher neue Finanzierungsmodelle, so Maderbacher:
„Diese Forderung findet sich auch im sogenannten Draghi-Bericht der
EU. Dort wird etwa die Einrichtung eines Strukturfonds
vorgeschlagen.“
In das Thema Finanzierung fällt auch die vielfach geforderte
Stilllegung des Gasnetzes. Der Betrieb verursacht Kosten, die im
Sinne der Netzbetreiber und auch Verbraucher*innen durch gebietsweise
Stilllegung reduziert werden könnten. In der EU
Gasbinnenmarktrichtlinie wird diese Stilllegung ermöglicht. Eine
bundesgesetzliche Umsetzung dieser Richtline fehlt noch. In dem
Zusammenhang muss auch die immer noch bestehende Anschlusspflicht für
Gasnetzbetreiber fallen.
Das Forum Versorgungssicherheit ist die gemeinsame Plattform von
fünf Verteilernetzbetreibern: Wiener Netze, Netz Niederösterreich,
Netz Burgenland, Linz Netz und Netz Oberösterreich.
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